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The Honey Project 3

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The Honey Project 3

Description Installation 2014
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Konzeptpapier „The Honey Project“

Storyboard / Plot der Geschichte

Zwei sehr engagierte Naturwissenschaftler erliegen ihrer totalen Hybris und wollen in den natürlichen Zyklus des Lebens eingreifen. Es sind eine Frau und ein Mann; ein Liebespaar, das eine Möglichkeit gefunden hat, an seiner Unsterblichkeit zu arbeiten. Sie wollen einen Superhonig herstellen, mit dem sie den Tod überwinden können. Dazu brauchen sie:

1. Entscheidende Fortschritte in der Primzahlentheorie, um elektrische Apparaturen zu steuern, die bestimmte „magische Ströme“ erzeugen. Diese „Ströme“ würden aus toter Materie lebendige Wesen erschaffen. Hiermit werden zuvor designte, synthetische Superbienen in das Leben gerufen.
2. Eine außerirdische Lebensformnamens „ORMUS 7“, die auf dem militärischen Gelände der U. S. Air Force „Area 51“ aufbewahrt wird. Dieses Lebewesen muss von dort entwendet und nach Osnabrück gebracht werden (via Geheimbote).
3. Ein „Gralskelch“, der sich -wie kaum verwunderlich – im Domschatzmuseum zu Osnabrück befindet. Auch dieser heilige Gegenstand muss gestohlen werden. 4. Ein geheimes Labor an einem unauffälligen Ort in Osnabrück. Die Geschichte endet leider tragisch.

Die Herstellung des Superhonigs (Gelee Royale spezial) ist geglückt und wird während einer okkulten Séance von den beiden Hauptakteuren getrunken. Doch leider … während sich die Frau in eine Bienenkönigin verwandelt, erliegt der Mann seinem Tod, weil er doch nun eine Drohne ist. Die Bienenkönigin ist entsetzt und betrauert seinen Tod in einem herzzerreißenden Abschiedslied. Und das ist auch leider das Ende dieser tragikkomischen Geschichte.

Ideenfelder

Die ursprüngliche Idee zu meiner Installation kam mit der Beschäftigung des Werkes von Joseph Beuys zustande. Auf der Dokumenta 6, 1977, stellte Beuys eine Installation vor, die Honig mittels eines Rohrsystems und einer Pumpe durch das gesamte Fridericianum leitete und die er „Honig pumpe am Arbeitsplatz“ nannte.

Mit dieser Arbeit interpretierte Beuys den zirkulatorischen Blutkreislauf von Lebewesen, in dem die Nährstoffe, aber auch Sauerstoff, transportiert werden. Der Honig würde sozusagen das Blut darstellen. Außerdem stellt das Bienenvolk für Beuys einen sozialen Körper dar, der Blütenstaub in eine höherwertige Materie, den Honig, transformiert. Somit kann man den Honig an und für sich als plastische Materie anerkennen; und auch den Herstellungsprozess im Bienenkörper als plastische Transformation beschreiben.
Das zweite ldeenfeld, das mich beschäftigte, waren die Installationen der Aggregate, die im Hessischen Landesmuseum ausgestellt sind. Beuys stapelte Filzmatten aufeinander, bis sie einen Kubus von 175 x 250 x 200 cm erreichten und deckte diesen mit einer ca. 1 cm starken Kupferplatte ab.

Diese plastischen Körper lassen Assoziationen von Energie und Wärmespeicherung entstehen. Natürlich sind diese Aggregate keine funktionsfähigen Batteriemodule im herkömmlichen Sinn und sie sollen unsere Sensibilität auch eher zu der Wahrnehmung von Energietätigkeit leiten (z. B. Filzdecken wärmen unseren Körper, Kupfer ist eines der bestleitenden Metalle für Elektrizität).

Zu meiner Installation

Die Geschichte, die hier dokumentiert werden soll, lässt sich einerseits auf die Erzählung von Tristan und lsolde zurückführen, nimmt aber auch den Mythos von Parzival und seiner Gralssuche auf. Beide Sagen wurden von mittelalterlichen Dichtern bearbeitet und in mir kam die Idee auf, noch weitere Mythen in meine Geschichte aufzunehmen; quasi eine Collage aus Versatzstücken unserer Kultur.
Als weiteres verarbeitete ich Mary Shelleys „Frankenstein“; nur werden bei mir glückliche Bienen und kein verzweifeltes Monster geschaffen. Des Weiteren fand ich eine Geschichte des englischen Schriftstellers Roald Dahl faszinierend, in der sich der Protagonist von einem Gelee Royale (spezieller Honig, mit dem die Arbeiterbienen ihre Königin aufziehen) ernährt, um sich langsam in eine Biene zu verwandeln.

Auch schön sind die unendlichen Spekulationen, die mit der ,,Area 51″ in Verbindung gebracht werden; die in den Zeiten des lnternets zu einer unglaublichen Schwemme von Material angewachsen ist. Die „Area 51“ ist ein militärisches Testgelände der U.S. Air Force in der Wüste von Nevada – ein hochgesichertes Gelände, das auch für den zivilen Luftfahrtverkehr gesperrt ist. Der Mythos, der nun entstand, bezieht sich auf Ufos, die dort gesichtet, gelagert und erforscht werden.

Außerdem sollen außerirdische Lebewesen (die Piloten dieser Ufos) auf diesem Testgelände leben oder gelebt haben. Natürlich kommt meine außerirdische Lebensform aus einem Hochsicherheitstrakt der .Area 51″; wie sie dort hinkam, weiß niemand. .
Mein ganzes Konstrukt habe ich mit einer realen wissenschaftlichen Fragestellung abgerundet: Wird es in naher Zukunft eine tragbare Primzahlentheorie geben? Primzahlen können berechnet werden und die Alemannsehe Vermutung kann bewiesen werden.

Die konstruktive Laboreinrichtung

Angeregt von Skulpturen der Künstler Vladimir Tatlin und Richard Deacon, habe ich mich entschlossen, „offene“ skulpturale Elemente zu konstruieren, die eine bestimmte Form oder Geometrie umschreiben. Durch die skelettartige Bauweise kann der Betrachter sowohl den Außen- wie den eingeschlossenen Innenraum wahrnehmen. Auch wird weder das Material (Pappe und MdF) noch die Idee der Konstruktion verschleiert; bleibt also in doppelter Form .einsehbar“. Die eher armen Materialien wie Pappe, MdF und Acrylkunststoff stehen der Idee eines modernen Labors diametral entgegen. Es wird hier kein hochverchromtes Metall, Glas oder Aluminium vorgeführt. So verwandelt sich futuristisches Hightech in pragmatisches Lowtech. Auch die Formfindung der Einrichtungsgegenstände besteht auf der magischen Idee, dass die skulpturale Gestalt den alchemistischen Prozess, der hier stattfindet, steuert oder unterstützt.

So war es mir wichtig, eine Ästhetik zu entwickeln, die einerseits auf ein futuristisches Programm hinweist, andererseits auch auf die Ikonografie von bestehenden Symbolen zurückgreift. Das vorgeführte 6-Eck steht natürlich mit der Bienenwabe und dem Bienenvolk in Verbindung. Die 7-eckige Vitrine deutet auf die magische Zahl 7 hin, die einerseits mit dem Planeten Venus in Verbindung steht, aber auch den Gedanken der Vollkommenheit in sich trägt (7 Tage der Woche, 7 Tugenden, 7 Todsünden, 7 Weltwunder usw.). Venus stellt wiederum das Prinzip der Fruchtbarkeit und Weiblichkeit dar. So ist es durchaus zulässig, die außerirdische Lebensform in der Vitrine als ein gebärendes weibliches Wesen zu interpretieren; den Honig der Superbienen belebend und beseelend.

Der Gral

Nach der Parzivalsage ist die Suche nach dem Gral beschwerlich. Ein Abenteurer draußen in der beschwerlichen Welt, aber auch eine Reise in die inneren Kreise der Seele (Nur wer reinen Herzens ist, kann den Gral finden).

Bei unseren beiden Wissenschaftlern ist die Suche schnell und pragmatisch beendet. Sie finden erstaunlich schnell heraus, dass sich der Gral im Dommuseum in Osnabrück befindet und stehlen ihn einfach. Mein Stück magisches Geschirr ist eine Persiflage auf diesen edlen, real existierenden Pokal. Er ist aus Kunststoff gefertigt und die Glimmervergoldung erinnert höchstens an schlechte Disneyfilme. Macht aber nichts, denn der Gral funktioniert sowieso nur durch sein Gegenüber, der fest an diesen glaubt.

Die Hauptdarsteller

Meine beiden Wissenschaftler meinen, dass man das Prinzip des Lebens verbiegen könnte, um die Unsterblichkeit zu erlangen. Aber selbst, wenn sie unsterblich würden, würde auch ihre innige Liebe für ewig halten? Wenn ich ewig lebte, würde mir die Zeit zu lang – langweilig? Sehne ich nach der halben Unendlichkeit der Zeit den Tod herbei? Es bleibt schwierig, wie man diese Frage beantworten könnte.

Die außerirdische Lebensform

Die Formfindung der kleinen Marquette, die damals in Steinkimmen entstand, beruhte auf einer Improvisation in Ton. Ich brauchte damals einen Gegenstand, den ich als Vorbild für eine Malerei einsetzen konnte. So wurde diese Kreation in einer Serie von Bildern thematisiert und ich wollte daraufhin eine nochmalige plastische Rückübersetzung anfertigen. Das Ergebnis war eine ca. 25 cm hohe Tonversion, die ich in Gips abgegossen habe. Die letztendliche Version (zu sehen in der Installation in einer Höhe von 50 cm) ist aus einem Styroporkern gearbeitet worden. Nach der Bearbeitung des Polystyrol mit Messern und Schleifpapieren habe ich das Objekt mit einer Masse aus Holzmehl und Holzleim verspachtelt. Anschließend wurden Unebenheiten und Gratungen mit einer Holzraspel verschliffen. Zum Abschluss erfolgte eine farbliehe Behandlung mit Acrylfarbe und einem Finish mit Epoxidharz .

ln der mittelgroßen sowie der großen Skulpturversion habe ich mich eines barocken Formenkanons bedient. Um eine Steigerung der Bewegung zu erreichen, gestaltete ich faltenwurfähnliche Bänder, die sich um den plastischen Kern der Figur winden. Somit habe ich versucht, ein stärker organisch anmutendes Objekt zu erschaffen.

Da die Form dieser Skulptur grundsätzlich abstrakt bzw. offen ist, kann der Betrachter entscheiden, wie er diese deuten mag. Die Funktionalität liegt auf der Hand, da der Honig der Bienen in diesem Organismus veredelt wird. Von dort gelangt er in den magischen Gral, um nun endlich als Unsterblichkeitsgetränk bereit zu stehen.

Die Bienen

Ob die Spielzeugfirma Steift solche Tiere herstellen würde, bleibt zu bezweifeln. Ich gebe zu, dass sich die Bienen dem künstlerischen Umfeld von Bricolage, Edelkitsch und Protagonisten seltsamer B-Science-Fiction Movies zurechnen lassen. Letztendlich stelle ich mit den „komischen“ Bienen den Ernst oder den Erfolg der Installation in Frage.

(Das Konzeptpapier zu einer Installation von Matthias Marquardt im Rahmen eine (14-Tage-Prüfung im Fachbereich Bildhauerei, Sommersemester 2014; betreut durch Prof. Hagl.)

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